Chatkontrolle für Effektive Strafverfolgung statt Massenüberwachung !


Die Europäische Union plant derzeit mit der sogenannten „Chatkontrolle“ alle Telekommunikationsanbieter dazu zu verpflichten, sämtliche Kommunikation (Also Chats, Emails, WhattsAPP Telefonate und Videoanrufe) aller Bürger flächendeckend auf Kindesmissbrauch zu scannen. Dies soll ohne individuelle Richterliche Anordnung geschehen und verdächtige Inhalte sollen automatisiert an die Behörden ausgeleitet werden. Das digitale Briefgeheimnis, welches bisher nur durch richerlichen Beschluss in einem Ermittlungsverfahren aufgehoben werden konnte, wäre somit abgeschafft. Alle Bürger würden so unter einen verdachtsunabhängigen Generallverdacht gestellt und permanent überwacht werden. Experten halten dieses Vorhaben daher auch für verfassungs- und europarechtswidrig, da das Grundgesetz für eine Überwachungsmaßnahme eigentlich vorschreibt, dass ein konkreter Tatverdacht bzw. Eine richterliche Anordnung im individuellen Einzelfall vorliegen muss. Auch sichere Ende zu Ende Verschlüsselung wäre so gegebenenfalls rechtlich nicht mehr legal, was Geräte und Kommunikation für Hackerangriffe und Spionage viel anfälliger machen würde.

In diesem Artikel möchte ich jedoch nicht weiter über die technischen und juristischen Aspekte des Überwachungsvorhabens eingehen, sondern erläutern:

1.) warum dieses in Bezug auf die strafrechtliche Verfolgung von Verbrechern relativ unwirksam ist.

2.) dass es bereits technische Möglichkeiten gibt, diese Arten von Verbrechen hochwirksam zu verfolgen und zwar ohne Vorratsdatenspeicherung und auch im Darknet. Dass diese Technologien bisher jedoch von den Strafverfolgern meines Wissens nach gar nicht eingesetzt werden.

Wer sich über die Grundlagen des Massenüberwachungsvorhabens informieren will, findet detailierte Informationen auf:

Spiegel: https://www.spiegel.de/netzwelt/netzpolitik/chatkontrolle-messenger-ueberwachung-duerfte-an-deutschland-scheitern-a-61338f80-839f-4798-b8d9-180e7a5bb711

Oder auf der Webseite des EU Piratenpartei Abgeordneten Patrick Breyer: https://www.patrick-breyer.de/beitraege/chatkontrolle/

1.) Fehleranfälligkeit und einfache Möglichkeiten zur Umgehung

Wenn nun Anbieter wie WhatsAPP und diverse E-Mail Hoster die von ihren Kunden versendete Kommunikation nach illegalen Inhalten scannen sollen, so wird dies unweigerlich zur Folge haben, dass durch False Positives viele völlig legale Kommunikationsinhalte von Bürgern an die Polizei gemeldet werden. Laut Angaben der Schweizer Polizei sind 87% der von einigen Anbietern wie z.B. Microsoft Cloud an die Behörden gemeldeten Inhalte strafrechtlich irrelevant. (Quelle: https://www.patrick-breyer.de/beitraege/chatkontrolle/). Die Maßnahme würde also dazu führen, dass in der überwältigenden Mehrheit Mails und Chats von völlig unschuldigen Personen zur Anzeige gebracht werden.

1.1) Umgehung

Für tatsächliche Kriminelle wird es hingegen sehr einfach sein, die entsprechenden Scans zu umgehen. Illegales Bildmaterial welches in einer verschlüsselten passwortgeschützten .zip .rar .7z Datei verschickt wird, kann schlicht nicht erkannt werden. In der pädokriminellen Szene ist dies bereits das Standardvorgehen um eine Entdeckung zu verhindern. Die entsprechenden Video- und Bildateien werden meist verschlüsselt bei Filehostern oder Cloud Diensten abgelegt und die Downloadlinks dann in den kriminellen Foren im Darknet getauscht. Eine allgemeine Kommunikationskontrolle hätte also keine Chance, die Inhalte der organisierten Kinderpornoszene tatsächlich wirksam zu finden. Entsprechende Dateiverschlüsselung ist dabei unter gängiger Software wie Windows oder Linux mit tools wie Winrar, Winzip 7zip usw. sehr einfach umsetzbar. Auch Standard Bürosoftware wie Microsoft Word erlaubt es, Dateien so sicher zu verschlüsseln, dass ein Scanner den Inhalt nicht überprüfen kann. Diese Funktion ist ja per se auch sinnvoll um Wirtschafts- und Amtsgeheimnisse vor unbefugtem Zugriff schützen zu können. Kriminelle die sich also halbwegs geschickt anstellen, werden es also sehr einfach haben sich der Generalüberwachung wirksam zu entziehen. Am Ende würden also alle unbescholtenen Bürger mit überwacht während viele Schwerkriminelle leicht ungestraft davon kommen werden.

Hinzu kommt das die große Mehrheit des Missbrauchs wohl nie gefilmt und erst recht nicht über das Internet getauscht werden wird. Denn nicht alle Täter sind Internetaffin oder wollen ihr Verbrechen durch Photos und Videos dokumentieren und damit belastendes Beweismaterial gegen sich selbst erstellen. Das gesamte Offline Dunkelfeld würde durch die Vorhaben der EU also keinesfalls aufgeklärt werden. Hierzu müsste der Staat wohl mehr Mittel in Jugendämter und Sozialarbeiter investieren, welche stand jetzt vielen Fällen aufgrund mangelnder Ressourcen oftmals gar nicht nachgehen können. Auch entsprechende Beratungs- und Hilfsangebote für betroffene Kinder und Jugendliche an Schulen könnten dazu beitragen, die Quote an Strafanzeigen zu erhöhen. Entsprechendes ist aber von der EU Kommission nicht geplant da hier einzig und allein die Massenüberwachung der gesamten Bevölkerung das Ziel zu sein scheint.

2.) Effektive Strafverfolgung ist mit vorhandenen technischen Mitteln möglich !

Der Staat verfügt bereits mit dem Staatstrojaner über ein Werkzeug um Täter und Täternetzwerke effektiv aufdecken zu können. Im Bereich der Pädo-Kriminalität wäre damit sogar das Aufdecken von Verbrechen die mit Hilfe von Anonymisierungswerkzeugen wie TOR oder VPN begangen würden einfach möglich. Im folgenden werde ich daher kurz umreißen, wie das entsprechende Vorgehen möglich sein könnte. Die Ermittlungsbehörden hätten hier die Möglichkeit, Beamte undercover in entsprechende Foren einzuschleusen. Diese würden dann dort Videos und Bildateien veröffentlichen, welche vorher mit einem Staatstrojaner versehen wurden. Täter, die sich illegales Material von diesen Plattformen herunterladen, würden sich damit dann auch den Staatstrojaner einfangen. Auf diese weise könnte die Polizei dann relativ einfach die tatsächlichen IP Adressen ermitteln, da ein Zugriff auf das Betriebssystem erfolgt, bevor diese durch Anonymisierungstools verschlüsselt oder gefaked werden kann. Des weiteren hätten die Behörden so auch die Möglichkeit, weiteres Beweismaterial zu sichern und Logindaten für Cloud und Emailaccounts abzufangen. In den allermeisten fällen sollte es so theoretisch möglich sein die Täter zu identifizieren.

Vorteil bei dieser Methode wäre dann auch das diese ausschließlich gegen konkret tatverdächtige Mitglieder illegaler Foren zum Einsatz kommt. Es müssten dann also nicht mehr alle Bürger der Europäischen Union pauschal unter Tatverdacht gestellt und überwacht werden. Die Überwachung wäre hiermit also auf die Netzwerke der tatsächlichen Täter beschränkt.

Meines Wissens nach wird diese Methode derzeit nirgends diskutiert oder gar eingesetzt. Dabei wäre dies von technischer Seite her gesehen wohl relativ einfach und sollte auch juristisch gesehen durch eine entsprechende Gesetzesanpassung unproblematisch sein. Im Gegensatz zur Vorratsdatenspeicherung oder Chatkontrolle dürfte hier auch der EUgH oder das Bundesverfassungsgericht keine Einwände haben. Schließlich findet dann ja keine Verdachtsunabhängige Überwachung statt. Die Überwachung würde sich dann gezielt gegen organisierte klar eingrenzbare pädokriminelle Gruppen im Internet richten. Mit entsprechenden Finanziellen Mitteln und Fachpersonal aufgestockte Ermittlungsbehörden sollten dann so relativ schnell Ermittlungserfolge vorlegen können. Besonders dann wenn die Ermittlungen vernetzt auf internationaler Ebene stattfinden. Nicht zuletzt wäre dann auch der Abschreckungseffekt wesentlich höher. Pödokriminelle im Internet könnten dann niemals wissen ob Sie sich mit ihrem neuesten Download oder Stream nicht bereits den Staatstrojaner zugezogen haben. Der Download oder die Verbreitung von illegalem Material dürfte dann sehr viel risikoreicher werden. Auch dies dürfte wohl dazu beitragen potentielle Täter abzuschrecken und somit Straftaten im Internet zu verhindern.

Fazit:

Die Pläne zur einer allgemeinen Chatkontrolle der EU sind weitgehend unverhältnismäßig. Sie werden wohl nicht den erhofften Ermittlungserfolgt bringen. Sie werden zudem mit Sicherheit genau wie die weitaus weniger invasive Vorratsdatenspeicherung von Meta Daten von den Nationalen Verfassungsgerichten der einzelnen EU Mitgliedsstaaten sowie dem Europäischen Gerichtshof wegen Rechtswidrigkeit gekippt werden und dann als Ermittlungswerkzeug erwartbar nicht mehr zur Verfügung stehen.

Die derzeitige Debatte, welche von der EU Kommission voran getrieben wird, zeugt also von einer sehr grundlegenden Technik- und Internet-Inkompetenz sowie auch einer Inkompetenz in Sachen Verfassungsrecht. So geht der wissenschaftliche Dienst des Bundestages zum Beispiel davon aus, dass die Chatkontrolle wohl relativ schnell gerichtlich kassiert werden wird. (Quelle: https://netzpolitik.org/2022/wissenschaftliche-dienste-chatkontrolle-darf-so-nicht-in-kraft-treten/ )

Der Wunsch der EU Kommission, einen allgemeinen Überwachungsstaat aufzubauen wie er derzeit in dieser Form höchstens in China existiert, scheint ihren Blick auf die technischen und Verfassungsmäßigen Realitäten zu verblenden. Dabei müssten, um dieses Kriminalitätsfeld zu bekämpfen, viel mehr Maßnahmen offline, an Schulen, in Jugendämtern in Kitas und im Bereich des Streetwork organisiert werden, um Opfer dazu zu ermutigen, Strafanzeige zu stellen und gegen Täter auszusagen. Davon spricht derzeit aber in der Politik absolut niemand, besonders nicht die Konservativen welche sich seit jeher mehr Internetüberwachung gewünscht haben. Vermutlich auch vor dem Hintergrund, dass diese Maßnahmen, obwohl zwar wirksamer, wohl auch mehr Personal und Geld kosten würden. Wenn es der EU jedoch wirklich um das Kindeswohl gehen würde und nicht um den Aufbau eines Überwachungsstaates dann sollte man jedoch diese Kosten keinesfalls scheuen. Schließlich sollte das Ziel einer Demokratischen Gesellschaft sein Verbrechen gegen Kinder aufzuklären und Täter anzuklagen ohne dabei die Grund und Menschenrechte der gesamten Bevölkerung zu verletzen.


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